Bautagebuch

Das historische Rathaus in Michelstadt schmückt seit Jahrhunderten die Altstadt und ist der Besuchermagnet schlechthin. Doch es bleibt nicht von alleine so schön – immer mal wieder muss saniert und renoviert werden, damit unser Wahrzeichen für die nachfolgenden Generationen geschützt wird. Deshalb wurden vom 27. Januar 2025 bis 18.06.2025 Sanierungsarbeiten, die in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen geplant und umgesetzt wurden, durchgeführt. Für die Zeit der Maßnahme wurde das Gebäude mit einem bereichsweise bis zu 20 Meter hohen Gerüst und mit einem Staubschutz versehen. Danach wurden nach und nach Glockenanlage, Fenster und Fassade sowie die Blitzschutzanlage saniert.

Fotos vom Baufortschritt gibt es in unserer Bildergalerie.

Das Rathaus kann über die Webcam der Odenwald Tourismus GmbH jederzeit betrachtet werden: Hier geht's zur Webcam.

Unser Bauamt sowie einige der beauftragten Unternehmen haben über die Arbeitsschritte, die am Rathaus durchgeführt wurden, berichtet. Hier geht's zu Informationen und Interviews rund um die einzelnen Sanierungsschritte.

Altes Rathaus in neuem Glanz: Interview mit Bürgermeister Dr. Tobias Robischon

Mit dem Aufhängen der Glocke und der Vergoldung der Jahreszahl übergaben die Handwerker am 18. Juni bei einer Feierstunde das Rathaus nach der umfangreichen Sanierung offiziell an den Magistrat zurück. Bürgermeister Dr. Tobias Robischon erzählt über die fünf intensiven Monate der Bauzeit und seine persönlichen Erlebnisse während der Sanierung.

Die Hüllen sind gefallen und das Rathaus strahlt im wahrsten Sinne des Wortes in neuem Glanz. Sind Sie froh, dass Sie das Gebäude nicht nur unbeschadet, sondern wie neu zurückbekommen haben?

Ja, natürlich, aber davon sind wir von vorneherein ausgegangen. Natürlich ist bei der Sanierung eines so alten Gebäudes nicht alles planbar und es sind einige Schäden erst während der Arbeiten aufgedeckt worden. Dadurch hat die Sanierung länger gedauert als ursprünglich geplant. Alles in allem ist es aber gut gelaufen. Mein herzlicher Dank gilt allen Beteiligten, die an einem Strang gezogen und alle Herausforderungen bestmöglich gemeistert haben.

Was war für Sie persönlich der spannendste Moment?

Einer dieser Momente war die erste Nachricht, dass etwas entdeckt wurde, was nicht gut aussieht. Da der Satz „Es gibt ein Problem“ dann doch noch das ein oder andere weitere Mal fiel, wir aber immer schnell Lösungen gefunden haben, ist die Spannung nach und nach gewichen. Aber ganz weg war sie bis zum Schluss tatsächlich nicht.

Im historischen Rathaus finden unter anderem Eheschließungen statt. Nun war es im hochzeitsreichen Frühjahr dort nicht möglich. Wie haben Sie diese Herausforderung gemeistert?

Wir haben bei Anfragen schon im vergangenen Jahr informiert, dass wir dort in der Bauzeit keine Trauung durchführen können. Zwei Paare haben sich trotzdem für diesen Zeitraum entschieden und unseren Vorschlag genutzt, im Stadtmuseum zu heiraten. Dies war ebenfalls ein wunderschöner und feierlicher Rahmen. Aber nun geht es wieder zurück ins Rathaus, denn schließlich ist es bei uns Tradition, dass das Brautpaar nach der Trauung gemeinsam die Rathausglocke läutet.

 

Rathaussanierung (fast) abgeschlossen: Interview mit Marcus Finger, Projektleiter des städtischen Bauamtes

Seit Januar wurde das historische Rathaus einer umfangreichen Sanierung unterzogen, nun ist es so gut wie fertig. Marcus Finger, Projektleiter des städtischen Bauamtes, berichtet, wie die Sanierung verlaufen ist, und auch über einige Überraschungen.

Herr Finger, in Kurzform: Was wurde in den fünf Monaten alles saniert, renoviert und repariert?

Das war tatsächlich Einiges: der komplette Glockenturm, die Dacheindeckung einschließlich Dachentwässerung, die komplette Fachwerkfassade, sämtliche Fenster einschließlich Fensterbänke/Wetterschenkel, die gesamte Blitzschutzanlage, Teilbereiche der Ratssaaldecke, die Glockenanlage und die Rathausuhr samt Uhrwerk.

Wie haben Sie die Bauzeit erlebt? Wie viele herausfordernde Momente gab es? Welche Situation war für Sie die spannendste?

Die Sanierung verlief aus meiner Sicht fast durchweg reibungslos. Herausfordernd war neben fachlichen Fragen – z. B. zur statischen Ertüchtigung der Ratssaaldecke und zum fachgerechten Aufbau des Fachwerkneuanstrichs – auch die Organisation der Abläufe in Bezug auf die laufende, wenn auch eingeschränkte Nutzung des Rathauses und durchgeführter Veranstaltungen auf und um den Marktplatz während der Bauzeit. Am spannendsten fand ich die präzise Anwendung und das Ergebnis des Strahlverfahrens zum Entfernen der alten Farbschichten von den Fachwerkhölzern.

Es war wohl eine der umfassendsten Sanierungen seit der Errichtung im Jahr 1484. Was wäre passiert, wenn Schäden wie die an den Balkenauflagern der Ratssaaldecke unentdeckt geblieben wären?

Verdeckte Schäden sind immer problematisch, insbesondere wenn es sich um tragende Bauteile, wie hier die Deckenbalken und die sich darauf abstützenden Sparren, Streben oder Stuhlsäulen der Dachkonstruktion handelt. Holztragwerke verhalten sich glücklicherweise meist gutmütig und kündigen ein Versagen in der Regel durch deutlich erkennbare Bauteilverformungen an. Dennoch hätte dies zu einem späteren Zeitpunkt einen wesentlich größeren Einfluss auf die Standsicherheit der gesamten Ratssaaldecke und der hiervon ebenfalls betroffenen Dachkonstruktion des nordwestlichen Erkertürmchens haben können. Eine Sanierung wäre somit umso aufwendiger und kostenintensiver gewesen.

Es waren viele Gewerke involviert, die eng zusammenarbeiten und entsprechend auch spontan umdisponieren mussten. Wie hat das Miteinander funktioniert?

Alle Beteiligten waren sich offensichtlich über den Stellenwert des Rathauses und ihrem Mitwirken am Erhalt des Gebäudes bewusst. Dementsprechend wurden die Arbeiten mit großer Sorgfalt und gegenseitiger Rücksichtnahme ausgeführt.

Bei der Sanierung eines so alten Gebäudes gehören Überraschungen in gewissem Maße dazu - spielten Sie sich in diesem Rahmen ab oder war es doch mehr, vor allem, was den finanziellen Umfang angeht?

Von gewissen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten an der Fachwerkfassade sind wir natürlich ausgegangen. In Bereichen der wetterseitigen Fachwerkhölzer und vieler Putzgefache zeigten sich jedoch – trotz einem zunächst guten oberflächlichen Eindruck – größere Schäden als erwartet, die sich am Ende natürlich auch finanziell bemerkbar machten. Hinzu kamen außerdem noch die bereits erwähnten verdeckten Feuchteschäden an einigen Balkenköpfen der Ratssaaldecke.

Von außen sieht alles fertig aus - ist es auch komplett fertig?

Das Erdungssystem des Blitzschutzes muss noch fertiggestellt werden. Hierfür sind kleinere Grabenarbeiten an zwei Seiten des Gebäudes erforderlich. Die Ausführung soll jedoch erst nach Ende des Theatersommers auf dem Marktplatz erfolgen.

 

Hier geht's zu Fotos rund um die Rathaussanierung.